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Werbung für Fernseher ab 1,- DM
§ 1 UWG
OLG Hamburg; Urteil vom 05.07.2001; ger. Az.: 3 U 35/01

Die Werbeaussage "Fernseher ab 1,- DM" für ein Powershopping-Angebot, bei dem der Endpreis erst durch die Zahl der Bestellungen bestimmt wird, erzeugt übertriebenen Kaufreiz und ist daher wettbewerbswidrig.
(Leitsatz der Kanzlei Flick)

Aus dem Tatbestand:
Die Antragstellerin produziert und vertreibt Elektrogeräte. Die Antragsgegnerin veräußert im Wege des sog. "power-shopping" und in Online-Auktionen ("P...-AUKTION") im Internet diverse Produkte, u.a. auch Elektrogeräte (vgl. Anlage AG 1).

Die Antragsgegnerin hat für Ihre P...-AUKTION in der Zeitschrift "ct magazin für computertechnik" (gültig vom 8. bis 21. Mai 2000) mit einer Anzeige geworben, die in Fotokopie am Ende des Tatbestandes beigefügt ist (...).

Die Antragsteller beanstandet diese Werbeanzeige wegen des dort angebotenen PHILIPS-Fernsehgerätes SILVER GLOSS nebst Rack als wettbewerbswidrig, sie nimmt die Antragsgegnerin vorliegend im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch.

Die Antragstellerin bietet unter der Bezeichnung "Philips Design Line" hochwertige Design-Farbfernsehgeräte nebst DVD-Player und Videorecorder sowie ein "Rack" (ein Regal zum Unterbringen der Geräte) an. Das System gibt es in fünf Varianten, und zwar als "Design Line" in den Ausführungen SILVER SHADOW, ICE BLUE und COOL GREEN sowie als "High Gloss Design Line" in den Ausführungen SILVER GLOSS und BLUE GLOSS (Anlage ASt 1). Die Geräte werden über ein selektives Vertriebsbindungssystem angeboten (Anlage ASt 2). Insbesondere das Gerät SILVER GLOSS wurde seit Februar 2001 der Öffentlichkeit präsentiert (Anlage ASt 3), es wird mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 3.999 DM (Fernseher) und 599 DM (Rack), zusammen 4.598 DM (Fernseher und Rack) angeboten (Anlage ASt 4).

Die Werbeanzeige der Antragsgegnerin (vgl. Seite 6 des Urteilsumdrucks) zeigt eine Abbildung des Fernsehgeräts SILVER SHADOW nebst Rack mit der durchgekreuzten, aber lesbaren Angabe der unverbindlichen Preisempfehlung ("TV uvp 3999,- DM" und "Rack uvp 599,- DM") sowie den Hinweis auf das Mindestgebot der P...-AUKTION ("bei uns TV + Rack ab DM 1,-"), wobei die Angabe "1,-" blickfangmäßig hervorgehoben ist. Außerdem wird auf die Versteigerung einer Armbanduhr CAMEL TROPHY mit den Angaben "bei uns ab DM 99,-" und "uvp 525,- DM" hingewiesen. Zu der Abbildung eines Kaffeevollautomaten heißt es in der Anzeige: "uvp 1299,- DM versteigert für DM 709,-". Auch bei der Armbanduhr und beim Kaffeevollautomaten ist die unverbindliche Preisempfehlung durchgekreuzt, aber noch lesbar.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht seine Beschlussverfügung vom 31. Mai 2000 bestätigt, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten worden ist, für das Angebot von Philips Farbfernsehgeräten der Reihe "Philips Design Line" wie in der Anlage zu diesem Beschluss zu werben.


(...)

Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Sie ist demgemäß zurückzuweisen.

I.
Auch nach Auffassung des Senats ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UWG begründet.

1.) Gegenstand des Unterlassungsantrages ist das Werben der Antragsgegnerin für Ihre Auktion mit dem Angebot von PHILIPS-Farbfernsehgeräten der Reihe "Design Line", wie in der Werbeanzeige geschehen, die vorstehend auf Seite 6 in Kopie eingefügt ist.

Die Antragstellerin hat in der Berufungsverhandlung klarstellen lassen, dass der sprachlich abweichend abgefasste Verbotsausspruch so zu verstehen ist. Auf die außerdem der Beschlussverfügung beigefügte Kopie der Titelseite der Zeitschrift "ct magazin für computertechnik" (vgl. Seite 5 des Urteilsumdrucks), in der die Anzeige erschienen ist, kommt es dabei nicht an.

2.) Die angegriffene Werbeanzeige der Antragsgegnerin ist vom Landgericht zutreffend als wettbewerbswidrig angesehen worden. Die Unlauterkeit ergibt sich aus dem übertriebenen Anlocken, mit dem zugleich das besondere Image des in der Werbung besonders herausgestellten Produkts der Antragstellerin in einem nicht mehr hinzunehmenden Maße beeinträchtigt wird.

Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung ist ein Anlocken durch Anpreisen der eigenen Ware grundsätzlich erlaubt, die Anlockwirkung, die von einem günstigen Kaufpreis ausgeht, gehört zum Leistungswettbewerb. Das Unlautere des Übermaßes, des übertriebenen Anlockens liegt in ihren Auswirkungen, die das grundsätzlich zulässige Anlocken unter Abwägung der Interessen der Mitbewerber und Kunden sowie der Allgemeinheit als unverhältnismäßig erscheinen lässt.

Ob ein Anlocken als unlauter "übertrieben" im Wettbewerb anzusehen ist, hängt von der Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls ab. Zu diesen Umständen gehört im vorliegenden Fall die Imagebeschädigung des von der Antragsgegnerin beworbenen PHILIPS-Geräts durch die beanstandete Anzeige. Es ist hierbei - wie stets in solchen Fällen - eine Gesamtwürdigung der Anzeige mit allen Einzelumständen vorzunehmen. Diese Elemente der Anzeige werden vom Senat nicht separat - ohne das übrige werbliche Umfeld - bewertet, maßgeblich sind die nachstehenden Ausführungen nur für die Anzeige insgesamt.

(a) Der Verkehr erkennt, dass es sich bei dem zur Auktion gestellten PHILIPS-Fernsehgerät SILVER SHADOW um ein hochpreisiges Spitzenprodukt handelt, das gilt auch für diejenigen Auktionsinteressenten, die die Produktreihe "Design Line" nicht kennen. Die Angaben zur unverbindlichen Preisempfehlung lassen eine qualitative Einordnung des Gerätes im oberen Segment ohne weiteres zu.

(b) Mit der beanstandeten Werbung setzt die Antragsgegnerin das Spielerisch-Spekulative einer solchen Auktion auf Kosten des Spitzenprodukts der Antragstellerin ein, um mit dem kaum noch zu unterbietenden und im Blickfang herausgestellten Mindestgebot ("bei uns ab DM 1,-") eine besonders gesteigerte Aufmerksamkeit zu erwecken. Der Verkehr entnimmt der Anzeige zwar, dass es sich nicht etwa um den Kaufpreis handelt, sondern um das Mindestgebot der dieses Gerät betreffenden Internetauktion. Gleichwohl ist dieses Angebot aber besonders reißerisch.

Das Mindestgebot ("ab 1,- DM") ist wegen seines absolut geringfügigen Betrages, aber mehr noch im Verhältnis zur ebenfalls angegebenen unverbindlichen Preisempfehlung (Fernsehgerät nebst Rack: 4.598 DM) sensationell niedrig; bei einem Verkauf zu diesem Preis wäre das ein Verschenken oder "Verhauen" der Ware. Der besonders spektakuläre Anreiz ergibt sich aus dem absolut niedrigen Betrag und aus dem Verhältnis zwischen dem Mindestgebot und der unverbindlichen Preisempfehlung. Auch wenn der Verkehr naheliegend nicht ernsthaft damit rechnen wird, zu einem so niedrigen Preis das Fernsehgerät nebst Rack auf der Auktion zu ersteigern, handelt es sich um ein sensationelles Angebot, das das Interesse an der Versteigerung ganz erheblich verstärkt.

(c) Durch die beiden Parallelangebote in der Anzeige wird noch mehr betont ausgedrückt, wie sensationell niedrig das Mindestgebot für das PHILIPS-Gerät ist.
Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, erkennt der Verkehr, dass die CAMEL-Armbanduhr mit einem erheblich höheren Mindestgebot versteigert werden soll (und zwar mit einem absolut und relativ wesentlich höheren Mindestgebot von 99 DM bei einer unverbindlichen Preisempfehlung von 525 DM) und dass der Kaffeevollautomat bei einer unverbindlichen Preisempfehlung von 1299 DM für immerhin 709 DM den Zuschlag erhalten hat.
Im Verhältnis zu diesen Artikeln mit den angegebenen unverbindlichen Preisempfehlungen und dem Versteigerungsergebnis (Kaffeeautomat) bzw. Mindestgebot (Uhr) steht das SILVER SHADOW-Mindestgebot von 1,- DM in einem besonders starken Kontrast, denn zu dem Spitzenprodukt der Antragstellerin "passt" das Mindestgebot nicht und lässt es gerade auch durch diese preisliche "Schieflage" als übertrieben günstig erscheinen.

(d) Zugleich ist schon nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die unpassende, gerade bei diesem Produkt besonders extreme preisliche Schieflage zwischen Mindestgebot und unverbindlicher Preisempfehlung und der besonders niedrige Betrag des Mindestgebots in dieser Kombination dem Image der "Design Line" abträglich sind und insoweit die Antragstellerin behindern. Der Verkehr sieht sich veranlasst, für die Antragstellerin abträgliche Rückschlüsse wegen dieser Form des "Verschleuderns" auf Kosten des Produkts der Antragstellerin zu ziehen, zumal bei dem parallelen Mindestgebot für die Armbanduhr ein Betrag in einer ganz anderen Größenordnung angegeben ist.

(e) Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung ist entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht maßgeblich darauf abzustellen, dass ein besonders preisgünstiges Angebot als solches regelmäßig kein unlauter übertriebenes Anlocken darstellt, da der günstige Preis typischerweise zum Leistungswettbewerb gehört. Denn das beanstandete Verhalten erschöpft sich nicht etwa in dem Mindestgebot von 1,- DM für das "Design Line"-Gerät der Antragstellerin.
Wie oben ausgeführt, lässt die preisliche Schieflage zwischen dem Mindestgebot für das PHILIPS-Produkt und den gleichzeitig beworbenen Artikeln (Armbanduhr und Kaffeevollautomat) das erste besonders reißerisch erscheinen. Dieser Umstand, der den Wettbewerb der Antragsgegnerin bei ihren Internetauktionen fördert, geschieht in einer nicht hinzunehmenden Welse auf Kosten des Produktimages und damit zum Nachteil der Antragstellerin.
Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin entlastet sie nicht der Umstand, dass das in Rede stehende PHILIPS-Gerät in der Internetversteigerung am 9. Mai 2000 mit einem Höchstgebot von 3.300 DM endete (vgl. Anlagen ASt 5.1-5.6). Das Ergebnis kannten die Leser der Werbeanzeige nicht, es belegt aber, wie extrem niedrig und demgemäß anreißerisch das Mindestgebot gewesen ist.

3.) Auch die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs sind gegeben, insbesondere die Wiederholungsgefahr.
Der Unterlassungsantrag umschreibt die konkrete Verletzungsform. Er bezieht sich - wie ausgeführt - auf das Werben (wie in der konkreten Anzeige) mit PHILIPS- Fernsehgeräten der Reihe "Design Line", zu der das beworbene Modell SILVER SHADOW gehört. Die Geräte der Reihe "Design Line" sind hochpreisig, werden unter selektiver Vertriebsbindung vertrieben und sind die PHILIPS-Spitzenprodukte der Antragstellerin (vgl. Anlage ASt 4), die Verallgemeinerung erfasst insoweit das Charakteristische.

II.
Nach alledem war die Berufung der Antragsgegnerin nicht begründet.

(...)


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